Pilze im Böhmerwald - Übersicht

Im Böhmerwald wurden bislang rund 175.000 Pilznachweise von etwa 4.200 Pilzarten dokumentiert (Abb. 2). Zusammengetragen wurden sie von rund 110 Personen und Institutionen. Die Verteilung der Nachweise auf die drei im Gebiet vertretenen Länder zeigt Abb. 6.

Pilznachweise

Die zehn am Häufigsten nachgewiesenen Pilzarten zeigt Abb. 1. Funde dieser Arten wurden mehr als 1.000 mal gemeldet. Für rund 31 % der Arten liegt nur eine Fundmeldung vor, für weitere 38 % nur 2-10 Fundmeldungen (Abb. 2). Eine vorläufige Artenliste findet sich hier.

Abb1
Abb. 1: Die 10 am Häufigsten nachgewiesenen Arten.

 

                                     
Abb2
Abb. 2: Häufigkeitsverteilung der Pilzarten

 

Pilzsystematik

Ein Blick auf die Verteilung dieser Nachweise auf die größeren systematischen Gruppen der Pilze (Abb. 3) spiegelt jedoch insbesondere die Sammlungspräferenzen der Mehrheit der Kartierer wider. Sie unterscheidet sich daher von der Häufigkeitsverteilung der in Deutschland insgesamt nachgewiesenen Arten (Abb. 4). Auch gehören die Pilze der drei am häufigsten zugeordneten Ordnungen, die Agaricales, Boletales und Russulales zu den Pilzgruppen mit besonders großen und auffälligen Fruchtkörpern. Sie stellen zusammen über 60 % der Nachweise dar (Abb. 5).

Arten-Böhmerwald
Abb.3: Verteilung der Pilznachweise auf unterschiedliche taxonomische Gruppen im Böhmerwald.
Arten-D
Abb.4: Verteilung der Pilzarten auf unterschiedliche taxonomische Gruppen in Deutschland

 

Ordnung
Abb.5: Verteilung der Pilznachweise im Böhmerwald auf unterschiedliche Ordnungen.

 

Länderverteilung
Abb. 6: Verteilung der Pilznachweise auf die drei beteiligten Länder.

 

 

Pilztrophie

Pilze haben unterschiedliche Ernährungsweisen. Einige Arten leben in Symbiose mit Pflanzen (Mykorrhizapilze) - insbesondere mit den Bäumen, andere Arten zersetzen abgestorbene Pflanzen und anderes organisches Substrat (saprotrophe Pilze) und einige Arten ernähren sich von anderen lebenden Lebewesen (Parasiten). Die Verteilung der Pilznachweise auf diese Ernährungstypen zeigt Abb. 7.

Trophie
Abb. 7: Verteilung der Pilznachweise im Böhmerwald hinsichtlich der Ernährungsweise der Pilzarten.

 

Höhenverteilung
Abb. 8: Höhenverteilung der Pilznachweise

 

Ökologische Ansprüche der Pilze

Pilze unterscheiden sich hinsichtlich der Ansprüche, die sie an die Umweltbedingungen ihres Lebensraumes stellen. Eine Auswahl zeigen die Abb. 8-10. Entsprechend der Höhenverteilung des Gebirgsmassivs entfallen die meisten Lebensräume und so auch die meisten der Pilznachweise auf die montanen Lagen ab 600 Höhenmetern.

Das auffälligste Standortmerkmal, welches auch am häufigsten seitens der Kartierer zusätzlich zur Artdiagnose mit aufgenommen wurde, ist das Substrat auf dem der Pilzfruchtkörper gefunden wurde, bzw. die Baumart mit der Mykorrhizapilze assoziiert sind. Da der Böhmerwald auf Grund seiner geografischen Lage von Natur aus in unteren Höhenlagen von Buchenmischwald und Buchenwald dominiert würde und in höheren Lagen Nadelwälder verherrschen würden, spiegelt sich dies trotz der forstwirtschaftlichen Geschichte des Standortes in seinem Bewuchs wider. Entsprechend der Häufigkeitsverteilung der Baumarten, finden sich auch die mit diesen vergesellschafteten Pilzarten (Abb. 9). Unter den Laubbäume dominiert die Buche mit großem Abstand. Durch die Forstwirtschaft ist der Fichtenanteil im Gebiet höher als dies natürlicher Weise zu erwarten wäre. Fichten und Buchen werden von den Pilzen daher besonders häufig als Substrat / Wirt genutzt (Abb. 10).

Substrate
Abb. 9: Substrate auf denen die Pilzfruchtkörper gefunden wurden.

 

Baumarten
Abb. 10: Die häufigsten Baumarten mit denen die Pilze assoziiert sind

 

 

Gefährdungssituation der Pilze

Im Vergleich zu anderen Organismengruppen wie Blütenpflanzen oder Vögel, ist das Vorkommen der Pilze schlecht untersucht. Dadurch sind Aussagen zur Verbeitung und Häufigkeit und somit auch zur Gefährdung vieler Pilzarten nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die Einschätzung der Gefährdungssituation der Arten ist in den "Roten Listen" der Länder zusammengefasst (BfN 2016, Dämon & Krisai-Greilhuber 2018, Holec & Beran 2006). Diese Daten wurde auch in die Datenbank übernommen und werden zu den Arten angezeigt, die Sie zuvor im Menü ausgewählt haben. Die Einschätzung zur Gefährdungssitution der Pilze unterscheidet sich in den einzelnen Ländern (Abb. 11-13).

RL_D
Abb. 11: Verteilung der Pilzarten Deutschlands auf die einzelnen Gefährdungskategorien der Roten Liste. 0 = ausgestorben, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, G =Gefährungsausmaß unbekannt, R = extrem selten, V = Vorwarnliste, * = ungefährdet, D = Daten unzureichend
RL-A
Abb. 12: Verteilung der Pilzarten Österreichs auf die einzelnen Gefährdungskategorien der Roten Liste. 0/RE = ausgestorben, 1/CR = vom Aussterben bedroht, 2/EN = stark gefährdet, 3/VU = gefährdet, 4/NT potentiell gefährdet, LC = nicht gefährdet, DD = Daten unzureichend, NE = Gefährdungsgrad nicht beurteilt

 

RL-CZ
Abb. 13: Verteilung der Pilzarten Tschechiens auf die einzelnen Gefährdungskategorien der Roten Liste. RE = ausgestorben, CR = vom Aussterben bedroht, EN = stark gefährdet, VU = gefährdet, NT potentiell gefährdet, LC = nicht gefährdet, DD = Daten unzureichend, NE = Gefährdungsgrad nicht beurteilt

 

Die Gefährdungskategorien der drei Länder (Abb. 11-13) unterscheiden sich etwas und sind leider nicht ohne Weiteres ineinander umwandelbar. Während sich Österreich und Tschechien an den internationalen Kategorien der IUCN orientieren, hat sich Deutschland davon abweichende Kriterien der Kategorisierung gegeben. Ein Vergleich der Roten Listen ist daher nur eingeschränkt möglich. So sind von den über 2.000 gefährdeten Arten in Österreich lediglich 21% auch in Deutschland als gefährdet eingestuft, 17% in der Tschechei. Deutschland und die Tschechei teilen immerhin 29% der gefährdeten Arten.

Die Abbildungen 11-13 zeigen deutlich, dass der Gefährdungsstand bei rund der Hälfte der Arten auf Grund mangelnder Kenntnisse und Kartierhäufigkeit nicht eingeschätzt werden kann. In der Tschechei ist dieser Anteil noch deutlich höher. Dies gilt ebenso für die Arten des Böhmerwaldes. Dies zeigt die Notwendigkeit weiterer Kartierungen deutlich. Dies gilt insbesondere für die besonders kleinen Arten, die oft schwer zu finden und auch schwierig zu bestimmen sind, was bereits zu der geringen Zahl berücksichtiger Pilze der Gruppe der Ascomyceten führte (Abb. 3). Die Zahl der Personen mit guten fachlich fundierten Artenkenntnissen und Interesse sich auch mit schwierigen systematischen Gruppen zu beschäftigen muss dringend steigen. Weiterbildungsveranstaltungen müssen massiv ausgeweitet werden. Da die Zahl der an Pilzen interessierten Personen nicht von alleine ansteigt, müssen hierzu Anreizmechanismen entwickelt werden.

 

Besondere Pilze im Böhmerwald

Im Projektgebiet sind einige Waldgebiete mit urwaldähnlichem Charakter erhalten geblieben. Diese befinden sich in den Kerngebieten der beiden Nationalparke oder sind als besondere Naturschutzgebiete ausgewiesen. Darüber hinaus gibt es noch einige Naturwaldreservate in Bayern, die zum Zweck der Erforschung von der LWF betreut werden. In diesen "Alten Wäldern" leben Pilzarten, die durch die schon Jahrhunderte andauernde intensive Waldnutzung anderswo sehr selten geworden oder gar ausgestorben sind. Wir fassen diese Arten unter den Sammelbegriffen "Urwaldreliktarten" oder "Naturnähezeiger" zusammen. Im Rahmen dieses Projektes wurde eine Broschüre herausgegeben, in der ein Teil dieser Besonderheiten vorgestellt wird.

Das Bild zeigt den Heidelbeerkammpilz - Phlebia centrifuga
Heidelbeerkammpilz - Phlebia centrifuga                                         Foto: Dr. Matthias Theiß

 

Quellen:

Bundesamt für Naturschutz (2016): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Pilze (Teil 1) - Großpilze, Bd.8.Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (8). 440 S.

Dämon W, Krisai-Greilhuber I (2018): Die Pilze Österreichs. Verzeichnis und Rote Liste 2016. Teil Makromyceten,Österr. Mykolog. Ges., Wien. 609 S.

Holec J, Beran M (eds.) (2006): Červený seznam hub (makromycetů) České republiky [Red List of fungi (macromycetes) of the Czech Republic]. Příroda, Praha 24: 1-282

Karasch P, Striegel M, Pouska V, Bässler C und Krisai-Greilhuber I (2019): Pilze im Böhmerwald - Besonderheiten, Klassiker und Naturnähezeiger. Verwaltung des Nationalparks Šumava. 40 S.